Das Haus an der Stahlstrasse wusste noch nie so richtig, ob es sich als Wohn- oder Gewerbebau gebärden soll. Formal schwankt es zwischen beiden Welten. Die grossen Tore im Erdgeschoss deuten auf eine gewerbliche Nutzung, die in Stein gefassten Laibungen, das Volumen und sein Ausdruck lassen auf einen Wohnbau schliessen. In der Tat dient es seit seiner Erstellung sowohl dem Aufenthalt wie auch der Arbeit: 1903 durch die politische Gemeinde Straubenzell als «Feuerwehrdepot mit Landjägerwohnung» erstellt, versammeln sich heute die Strassenwärterinnen und Strassenwärter zum Arbeitsbeginn, verbringen hier aber auch ihre Pausen. Dank dieser Mischung fügt sich das Haus geschickt in die Nahtstelle zwischen Wohn- und Gewerbestrukturen im Lachenquartier ein. Mit der neuen, dunkleren Fassadenfarbe wird der öffentliche Charakter des Gebäudes subtil unterstrichen.
Drei Gründe gaben Anlass für Umbau und Sanierung. Da waren zunächst bauliche Probleme: Die Haustechnik war veraltet, Dämmung und Brandschutz ungenügend. Aber auch die betrieblichen Anforderungen hatten sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert. Gesetzliche Vorgaben verschärfen sich laufend und vermehrt werden auch Frauen eingestellt, die ein Recht auf eigene Räume haben. Garderoben, Toiletten und Aufenthalts räume waren nicht mehr zeitgemäss und der Maschinenpark in Zahl und Dimension der Fahrzeuge angewachsen. Im Magazin war es eng geworden, und zu guter Letzt sprachen auch organisatorische Gründe für einen Ausbau. Wo immer möglich, legt die Stadt einzelne Stützpunkte der Strassenwärterkreise zusammen. Diese Möglichkeit bot sich mit der anstehenden Renovation und so wurden die Kreise 9, 18 und 19 an der Stahlstrasse 16 vereint.
Für die Infrastruktur von drei Kreisen reichte der Platz im bestehenden Gebäude aber nicht aus. Deswegen steht ein Teil der Fahrzeuge und Maschinen nun in einem Anbau auf derselben Parzelle. Respektvoll hält dieser eine Treppe breit Abstand vom Altbau. Da das Gelände gegen Norden ansteigt, liegt der Verbindungsgang unter Terrain und die beiden Häuser stehen scheinbar losgelöst nebeneinander. Das kühn geschnittene Volumen des Neubaus spricht die Sprache eines technischen Gebäudes. Es zeigt sich robust und strapazierfähig in Sichtbeton. Bis hin zum überformten Wasserspeier des Flachdachs, der ebenfalls aus Beton gegossen ist und die Blütezeit des Brutalismus zitiert. Bereits von Weitem zeigt sich das Magazin nun als das, was es ist: über dem auskragenden Vordach thronen die beiden Silos für Splitt und Salz. Im Vorbeifahren nehmen die kleinen Traktoren das Streugut auf.
Dank angepassten Grundrissen bietet der Altbau nun auch zeitgemässe Arbeitsbedingungen in Minergiestandard. Parallel zum bestehenden Korridor wurde ein Gürtel von Nebenräumen erstellt, in dem sich Duschen und Toiletten befinden. Wer die neuen Garderoben betritt, durchquert diese neue Zone. Analog zum signalorangen Glasmosaik der Nassräume sind die Durchgänge in Orange gestrichen, der Farbe der Maschinen und Arbeitskleider. Dadurch wird eine Raumschicht erlebbar, die sonst nur in den Plänen zu sehen ist. Selbst in der Fahrzeughalle im Erdgeschoss verweist ein oranges Feld aus Glasmosaik hinter dem Waschbecken auf die veränderten Strukturen im ersten Stock. Auch die anderen Räume im Obergeschoss wurden in neue Farben getaucht. Der Korridor schimmert in einem zarten Blau, im Pausenraum und in den Büros sind einzelne Wände in kräftigen und warmen Rottönen gestrichen. Diese bieten eine Extraportion Gemütlichkeit, wenn im Winter die Schicht bereits um vier Uhr früh beginnt und klamme Finger sich an einer Tasse Kaffee wärmen.