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TxT · № 4

Das Schulhaus aus den Fünfzigerjahren wurde von Anfang an geschätzt und geliebt. Nach Jahrzehnten intensiver Nutzung standen nicht mehr aufzuschiebende Veränderungen ins Haus. Die Substanz war sanierungsbedürftig und die Umwälzungen der Lehrpläne schlugen sich in erhöhtem Raumbedarf nieder. Zudem gab es eine lange Liste von betrieblichen Anforderungen: Dämmwerte, Haustechnik und Erdbebensicherheit mussten an die neuesten Normen angepasst, der Zugang für Menschen mit Behinderung gewährleistet werden. Ein Studienauftrag unter 6 Architekturbüros sollte klären, wo die Primarschule weiter ausgebaut und wie die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes umgesetzt werden könnte. Das Resultat ist so verblüffend wie einfach.




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Dokumentation Hochbauamt, 2011 | N° 161
November 2011
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Sanierung Schulanlage Feldli

Über die gestalterischen Qualitäten der Schulanlage aus dem Jahre 1957 waren sich alle Beteiligten einig. Der Zürcher Architekt Eduard Del Fabro hatte die Quartierschule mit ihren vier Längskörpern vorbildlich in die Umgebung eingepasst und geschickt den Geländeverlauf genutzt. Die klare Gliederung zieht sich fort bis in die Gestaltung der Schulzimmer. Die anspruchsvollen Details zeugen von einer Zeit, in der gutes Handwerk ein Gebäude noch massgeblich prägen konnte. Zu Beginn der Studie war die Primarschule Feldli auf der Liste der Vorschläge für das städtische Inventar der schützenswerten Bauten.

Mittlerweile ist die gesamte Anlage unter Schutz gestellt. In der Untersuchung von 2006 vertraute das St.Galler Büro Andy Senn konsequent auf die Qualitäten der Schule: Es passte die Nutzungen an, statt das Gebäude zu erweitern. Die Architekten konnten nachweisen, dass mittels Rochaden, Doppelbelegungen und Umnutzungen das geforderte Programm auch in den bestehenden Räumen Platz findet. Ein umsichtiger Ansatz, welcher der Denkmalpflege entgegen kam. Das Programm zu hinterfragen war nur der erste Schritt auf einem langen Weg. Um die Anmutung des Gebäudes zu erhalten, haben die Architekten auch für die Details nach Lösungen gesucht, bei denen die Substanz weitgehend beibehalten werden konnte.

Neue Technik in altem Kleid

Dass sich die Schule heute fast wie bei ihrer Eröffnung präsentiert und dennoch alle betrieblichen Forderungen erfüllt sind, ist das Resultat einer intensiven Forschung. Der methodische Ansatz sah vor, die bestehende Struktur und die Substanz so weit wie möglich zu erhalten, schadhafte Bauteile zu sanieren, Eingriffe zurückzubauen und nur dort zu ergänzen, wo der Schulbetrieb gemäss den heutigen Anforderungen nicht mehr möglich war.

An den Fenstern zeigt sich besonders eindrücklich das Bestreben, originale Substanz zu erhalten und mittels zeitgemässer Technik auf Vordermann zu bringen. Die feinen Profile der bestehenden Holzfenster waren alle noch intakt und konnten durch den Schreiner saniert werden. Um den Wärmeverlust der alten Zweifachverglasung zu minimieren, sitzt statt der dünnen inneren Scheibe nun aber eine moderne Isolierverglasung im Rahmen. Dazu wurde jedes Profil mit dem Hobel angepasst. Das Resultat sind unverändert filigrane Fenster, deren Dämmwerte die aktuellen Forderungen erfüllen. Zudem konnte die äussere Scheibe erhalten bleiben, die aufgrund ihrer Fertigung Wellen aufweist und das Licht viel sanfter spiegelt, als dies moderne Gläser tun. Auch die Fenster der Turnhalle wurden ausgewechselt. Bei einer Sanierung in den Neunziger Jahren wurden Klarsichtfenster eingebaut, die nun wieder durch die ursprünglichen Glasbausteine ersetzt wurden. Natürlich sind auch diese thermisch getrennt und entsprechen somit dem Stand der Technik.

Die Ausstattung der Schulzimmer wurde mit zeitgemässen Mitteln an den ursprünglichen Zustand angeglichen. Langfeldleuchten wichen Punktleuchten und die Einbauschränke wurden von den zahlreichen Auf- und Umbauten befreit, die sie im Laufe der Jahre unkenntlich gemacht hatten. Zudem beherbergen die Schränke nun die Installationen für die kontrollierte Lüftung. Die Materialisierung orientiert sich ebenfalls an der Entstehungszeit; Die Bodenbeläge aus Linoleum und die Sonnenstoren mit ihrem heftpflasterfarbigen Stoff sind archetypisch für die Schulhäuser jener Zeit. An der flexiblen Möblierung aus dem städtischen Schulprogramm wird aber ersichtlich, dass auch bezüglich Ergonomie und Pädagogik in den letzten fünfzig Jahren grundliegende Veränderungen stattgefunden haben.

Kunst und Erschütterungen am Bau

Die Struktur der Gebäude wurde mit gezielten Massnahmen verstärkt, um die Erdbebensicherheit zu erreichen. Turnhalle, Kindergarten und Nordtrakt liessen sich mit statischen Massnahmen im Gebäudeinneren ertüchtigen. Im Osttrakt gewährleistet der neue Lift neben dem behindertengerechten Zugang auch die Sicherung des Gebäudes. Das architektonische Konzept des Westtrakts basiert hingegen auf der Durchlässigkeit in Nord-Süd-Richtung. Anstelle einer konventionellen Aussteifung in Querrichtung war eine innovative statische Lösung gefragt. Um die ergänzenden Bauteile gestalterisch zu integrieren, wurde eine Verbindung von Statik und «Kunst am Bau» gesucht. Hierzu führte die Arbeitsgruppe «Kunst und Raum» einen Studienauftrag durch und beauftragte drei ausgewählte Ingenieurbüros, in Zusammenarbeit mit Kunstschaffenden einen Vorschlag für die statisch-künstlerische Gestaltung der Erdbebensicherheitsmassnahmen auszuarbeiten.

Der Churer Ingenieur Jürg Conzett entwickelte zusammen mit dem Basler Künstler Michel Pfister eine Lösung, bei der die beiden Disziplinen zu einer untrennbaren Einheit verschmelzen. Auf statischen Anforderungen basierend und künstlerisch ausgeformt verbindet ein Gussteil die Decken mit den Wandscheiben. Es schützt das Gebäude davor, bei Erschütterungen wie ein Kartenhaus zusammenzubrechen. An der Westfassade sorgen zwei aussen liegende Betonscheiben dafür, dass die Kräfte ins Fundament abgeleitet werden.

Die Schulanlage ist geprägt durch die sorgfältig komponierte Aussenanlage. Auch diese hat über die Jahre ihre Einheitlichkeit und Prägnanz eingebüsst. Die Qualitäten des ursprünglichen Konzeptes wurden durch differenziert ausgebildete Aussenräume gestärkt. In der Summe entsteht wieder das durchgehende Gesamtkonzept, welches die einzelnen Gebäude der Schule


Marko Sauer am, 26 11 2012

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